Straßenbahn- elektrisch, smart und autonom

Ich weiß nicht ob ich es noch erlebe, aber der Antrag der Fraktion Freibeuter zur „autonomen Straßenbahn“ in Leipzig geht am 16. September 2020 ins Verfahren im Stadtrat Leipzig. Ich hatte das im Wahlkampf zur Stadtratswahl 2019 versprochen. Ab 2040 – das klingt lange, aber „gut Ding will Weile haben“. Es ist bis dahin viel zu tun.

Da ich viel zu tun habe stelle ich hier einfach die Pressemitteilung der Fraktion in diesem Artikel ein.

Köhler (Piraten): „Straßenbahnen in Leipzig – elektrisch, smart, autonom fit für die Zukunft“

Die Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat beantragt, den Oberbürgermeister zu beauftragen, bis 2025 zu prüfen, wie ab 2040 die Straßenbahnen der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) im Stadtgebiet Leipzig auf smarten Linienführungen im autonomen Regelbetrieb fahren können.

Stadtrat Thomas Köhler (Piraten), für die Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat Mitglied im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau, begründet den Bedarf an smarten Linienführungen mit den Entwicklungen im Nutzungsverhalten im ÖPNV: „Das Konzept des ÖPNV-Massentransports mit gegenwärtig breiteren Straßenbahnzügen und entsprechend großen Gleisabständen, hat ausgedient. Die Bedarfe der Leipziger haben sich, beschleunigt durch Corona, grundlegend geändert. Durch den weiteren Ausbau von Homeoffice, der digitalen Verwaltung und den Anpassungen im beruflichen und privaten Alltag in den nächsten Jahren werden sie sich weiter grundlegend ändern.“

Köhler verweist auf die Vorteile des elektrischen, smarten und autonomen Fahrens insbesondere kleinerer Straßenbahnen mit engeren Taktungen, die auf intelligenten und bedarfsgerechten Linien geführt werden: „Durch den Einsatz von künstlicher bzw. artifizieller Intelligenz können Änderungen und Bedarfsanpassungen im laufenden Straßenbahnbetrieb erfolgen. Dies ist nur durch das Konzept des autonomen Schienenverkehrs möglich, menschliche Intelligenz gerät hier schnell an seine Grenzen.“

Der Vorzug des autonomen Schienenverkehrs gegenüber dem autonomen Busverkehr aus Sicht Köhlers liegt ebenfalls auf der Hand: „Sensorik in Schienen, Oberleitungen und Fahrzeugen ist eine bereits international eingesetzte Technik. Die Risiken des autonomen Fahrens auf der Schiene sind wesentlich geringer als beim autonomen Fahren eines Straßenfahrzeuges. Einfach gesagt: Es gibt nur Fahren oder Bremsen.“

Als Grundvoraussetzung für den Einsatz mittels künstlicher Intelligenz gesteuerter autonomer Fahrzeuge verweist Köhler auf eine grundlegende Sanierung und Instandhaltung der Gleis- und Weichenanlagen.

Erfolgreich abgelehnt – mein „autofreier Tag“

Die Überschrift klingt vielleicht etwas eigenartig, aber ich möchte hier, auf meine Art, die Genese des gestern in der Ratsversammlung beschlossenen „Autofreien Tages“ beschreiben.

Die Idee

Der Grundantrag der Fraktion „Die Linke“ war ein wenig folkloristisch, so in der Form:


„He, wir sperren mal an einem Sonntag die Innenstadt und den Innenstadtring und bauen ein paar Infostände auf.“


Gefordert wurde noch ein kostenloser ÖPNV an diesem Tag – mehr war nicht. Ich persönlich fand das unbefriedigend.

Schritt 1

Im Dialog mit meinen KollegInnen der FDP in der Fraktion Freibeuter, entstand mein erster Vorschlag.
Der beinhaltete die Verlegung auf einen Samstag – ein Stresstest für den ÖPNV – Sperrung der Innenstadt und des inneren Innenstadtringes, ÖPNV-Nutzung kostenlos oder mit Einzelticket für Zone 110 als Tagesticket, Werktagstakt der LVB an diesem Tag und einigen anderen Forderungen die letztendlich in meinem gestrigen Änderungs-Antrag stehen. An dieser Stelle stiegen die FDP-StadträtInnen aus, eine Sperrung für den Autoverkehr kam für sie nicht in Frage und es entstand der Antrag der Freibeuter-Fraktion (eigentlich der FDP-StadträtInnen) zum „autoarmen Tag“. Ich betrachte das als normal, die FDP-StadträtInnen und der Pirat müssen ja nicht übereinstimmen.

Schritt 2

Nachdem ich mit meiner Fraktion nicht weiter kam nahm ich Kontakt mit einem Kollegen der SPD-Fraktion auf. Er fand das gut und warb in seiner Fraktion für die Idee, in der allerdings noch als Termin einfach ein Samstag stand. Die Kollegen konnten sich allerdings dem Vorschlag nicht anschließen, sie erarbeiteten eine neue Variante mit der Verlegung auf 2021 und ohne richtige Forderungen – statt dessen Diskussion über die Punkte. An der Stelle stieg ich aus dem Vorhaben aus – nur Wäsche sollte man weichspülen. Immerhin stehen im SPD-Antrag die Grundgedanken meines Antrags.

Schritt 3

Ich erarbeitete die finale Fassung „Autofreier Tag an einem verkaufsoffenen Sonntag im Advent 2020“ meines (oben verlinkten) Änderungsantrags, mit meinen Maximalforderungen, und er wurde als solcher eingestellt.

Schritt 4


Die Fraktion „Die Linke“ übernahm wesentliche Punkte des SPD-Antrags in die Neufassung ihres Antrags. Dieser kam zur Abstimmung und wurde angenommen.

Fazit:

mir
Ich bin nicht ganz zufrieden, aber auch nicht unglücklich. Gute Ideen, zumindest ein Teil, finden ihren (Um)Weg, vielleicht wird mir das auch noch oft so passieren.

P.S. Mein Antrag wurde mit 2 Ja-Stimmen, einigen Enthaltungen mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.

Bild von Daniel Weihmann auf Pixabay

Nahverkehrsplan – 365-Euro-Ticket – ÖPNV des 21. Jahrhunderts

Im Stadtrat Leipzig wurde am 18. Dezember 2019 die Fortschreibung zum Nahverkehrsplan mit einer Gegenstimme und einigen Enthaltungen beschlossen. Die Fraktion Freibeuter enthielt sich geschlossen, dazu gibt es auch eine Pressemitteilung, die allerdings im ersten Teil nur die Gründe der 3 FDP-StadträtInnen wiedergibt.

Ich, als Pirat, habe mich auch enthalten, allerdings aus anderen Gründen.

Der Nahverkehrsplan

Besser: Die Fortschreibung desselben ist ein Ausdruck von Hilflosigkeit und fehlenden Ambitionen. Betrachtet man sich ihn genauer, dann stellt man fest, dass mit ihm nur versucht wird, den ÖPNV des 20. Jahrhunderts endlich wieder zum Laufen zu bringen. Größtenteils soll der Massentransport von Menschen innerhalb der Stadt etwas effektiver gestaltet werden. Ein Beispiel dafür sind breitere Straßenbahnen, in die also mehr Menschen passen. Das ist Oldschool – genau so haben die Erfinder des ÖPNV am Anfang des 20. Jahrhunderts gehandelt. Allerdings waren damals die Anforderungen anders. Die Menschen bewegten sich größtenteils zu festen Zeiten von den Wohnquartieren zu den Arbeitsstellen. Auf die neuen Arbeits- und Lebenswelten geht die Fortschreibung nicht ein. So musste selbst die Neuorganisation des Nachtverkehrs, auf Grund der steigenden Anzahl von Schichtarbeitern, als Änderungsantrag durch die Freibeuter eingebracht werden.

ÖPNV des 21. Jahrhunderts – Fehlanzeige!

Das 365-Euro-Ticket

Als Mensch und Pirat vertrete ich die Idee des fahrscheinlosen ÖPNV, normalerweise könnte ich also das 365-Euro-Ticket als ersten Schritt dazu begrüßen. Prinzipiell ist das auch so, aber die Geschichte, die von den Grünen und Linken dazu erzählt wird, ist von Grund auf falsch! Der fahrscheinlose ÖPNV hat für mich in erster Linie eine soziale Komponente, genauer das Recht auf Mobilität, unabhängig vom Einkommen. Das jetzt angedachte 365-Euro-Ticket soll aber, nach Meinung der o.g. Akteure, Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV (verbunden mit Einschränkungen für den motorisierten Individualverkehr) bewegen. Die Frage erhebt sich: „Wo sollen sie denn hin?“. Etwa in die jetzt schon überfüllten Busse und Bahnen? Man stelle sich vor, es gelänge z.B. dem ADAC, einen Streik der Autofahrer an einem Werktag zu organisieren, d.h. alle Autofahrer würden an diesem Tag mit dem ÖPNV fahren wollen. Die Kapazität des ÖPNV würde bei weitem nicht ausreichen. Abgesehen davon würden viele Menschen nicht an ihrer Arbeitsstelle ankommen, weil dorthin keine Öffis fahren, oder – falls verfügbar – Stunden brauchen. Somit ist das 365-Euro-Ticket eine gute Idee – unter falschem Label.

ÖPNV des 21. Jahrhunderts – Fehlanzeige.

ÖPNV des 21. Jahrhunderts?

Man muss nicht unbedingt die Artikel von Professor Monheim zur „Mobilität von Morgen“ lesen, es schadet aber nicht; besser ist es jedoch sich eigene Gedanken zu machen. Der ÖPNV des 21. Jahrhunderts soll eben nicht nur Massentransport sein, sondern auch kleinteilige Lösungen beinhalten. Am Besten wäre es, wenn der ÖPNV flexibel sein würde, d.h. eine kurzzeitige Reaktion auf veränderte Transporterfordernisse ermöglicht. Dazu ist die Digitalisierung und auch das autonome Fahren, besonders im schienengebundenen ÖPNV, eine Lösung. Das muss man aber erst einmal denken wollen. Ich wurde, als ich das in einer Fachausschuss-Sitzung ansprach, mit der Aussage „Die Menschen werden das autonome Fahren von Straßenbahnen noch lange Zeit nicht akzeptieren.“ abgebügelt. So sprach ein Amtsleiter, also wollen die Ämter es nicht denken und sie suchen lieber auf dem ohnehin knappen Arbeitsmarkt nach Straßenbahnfahrern. Abgesehen davon werden die breiteren Straßenbahnen, also jene für den Massentransport, ein Argument dafür sein, dass sie aus Effektivitätsgründen nicht außerhalb der Hauptverkehrszeiten eingesetzt werden können. Unverständlich ist es mir, dass auch die Oberbürgermeister-Kandidatin der Linken in Leipzig breitere Straßenbahnen für eine Lösung hält.

Wahlkampf 2019 – Stadtratswahl

Für eine Flexibilisierung des ÖPNV sind viele Voraussetzungen zu schaffen. Für den schienengebundenen Anteil ist die grundhafte Sanierung des Schienennetzes erforderlich. Zur Zeit kommt es durch den teilweise schlechten Zustand der Schienenanlagen oft zu Langsamfahrten und somit zu Verspätungen. Eine Digitalisierung der Verkehrssteuerung des ÖPNV, also beginnend mit der umfassenden Abstimmung der Ankunfts- und Abfahrtszeiten an den Haltestellen, den digitalen Fahrtanzeigern an diesen, bis hin zur Erfassung der Wartenden (ohne sie jedoch zu überwachen), wäre nur eine Aufgabe.

Nun ist der ÖPNV nur ein Teil, wenn auch für mich der wichtigste, des innerstädtischen Personenverkehrs. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, um ein attraktives Angebot zum Umstieg der Autofahrer auf den ÖPNV zu schaffen, sind groß – nicht nur in finanzieller Hinsicht! Wir brauchen als Erstes ein Konzept für die innerstädtische Mobilität, welches die Bedürfnisse aller Einwohner, Gewerbetreibenden und Besucher unserer Stadt berücksichtigt.

Ich will und kann das hier nicht vollständig ausführen, wir müssen uns aber im Stadtrat Leipzig endlich mit einem umfassenden Mobilitätskonzept für Leipzig befassen. Mit Einzellösungen wie „Nahverkehrsplan“, „Stellplatzsatzung“ und „Anwohnerparken“ werden wir keine Lösung für die Herausforderungen der „Mobilität im 21. Jahrhundert“ finden.