Die Leipziger Internet Zeitung (L-IZ) hat heute dankenswerterweise, im ersten Artikel zur Bundestagswahl, auf unseren Aufruf zum Unterstützer-Unterschriften-Sammeln hingewiesen. Wir, das sind mein Stadtratskollege Marcus Weiss (Die PARTEI) und ich Thomas Köhler (Piratenpartei), weisen darauf hin, dass die Hürden für eine Teilnahme an der Wahl hoch sind. Im folgenden Text ist das beschrieben.
Gemeinsamer Aufruf
Haben Sie gewusst, dass damit Sie eine der kleinen oder neuen Parteien zur Bundestagswahl wählen können, erst einmal genügend BürgerInnen eine Unterstützungsunterschrift leisten müssen?
Es geht natürlich nicht wirklich um „neue Parteien“, manche sind durchaus schon etwas in die Jahre gekommen und sogar in kommunalen Parlamenten und im Europaparlament vertreten.
Prinzipiell haben die Mitglieder dieser Parteien nicht viel gegen das UnterstützerInnen-Unterschriften-Sammeln, es gehört zum Straßenwahlkampf, aber in Zeiten einer Pandemie ist diese Möglichkeit stark eingeschränkt, wenn nicht unmöglich zu nutzen.
Makaber erscheint hier, dass eine Aussetzung dieser Regelung vom Deutschen Bundestag beschlossen werden müsste, was im Rechtswesen einer Befangenheit gleich käme. Parteien die bereits im Parlament vertreten sind sollen über die Zulassung ihrer Konkurrenz beschließen.
Wen wundert es also, dass der Antrag des Abgeordneten Mieruch*, der die Unmöglichkeit für das Sammeln von Unterstützungsunterschriften zur Zulassung von Wahlbewerbern und Landeslisten der Parteien feststellt, die nicht im Bundestag vertreten sind, mit überwältigender Mehrheit abgeschmettert wurde.
Für Sachsen, also auch für Leipzig, wurden von mehreren Parteien, die noch nicht im Bundestag vertreten sind, Landeslisten für die Bundestagswahl aufgestellt. Diesen Parteien ist es auferlegt Unterstützungsunterschriften, 2000 Stück je Partei, für das Bundesland Sachsen bis Mitte Juli zu sammeln und damit die Landesliste vom Wahlleiter bestätigen zu lassen.
Die Stadträte Thomas Köhler (Piratenpartei) und Marcus Weiss (Die PARTEI) rufen die sächsischen BürgerInnen auf, die noch nicht im Bundestag vertretenen Parteien, wie: ÖDP, Die Humanisten, Die PARTEI, Piratenpartei und andere demokratische Parteien, dabei zu unterstützen.
Wer sich unsicher ist welche Partei man unterstützen sollte, wir empfehlen den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politisch Bildung.
Es geht einfach:
Vordruck herunterladen (z.B. Piratenpartei oder Die PARTEI, für die anderen Parteien Website anklicken)
ausdrucken, bitte Informationen zum Datenschutz auf die Rückseite drucken.
ausfüllen
abschicken – an die Geschäftsstelle der entsprechenden Partei. Versand ist auch im digitalen Zeitalter leider nur per Post möglich.
Mit der UnterstützerInnen-Unterschrift ist selbstverständlich keine Wahlverpflichtung verbunden.
Die politische Landschaft in Deutschland kann von frischem Wind im Parlament und längeren Wahlscheinen nur profitieren.
*Die Intentionen des Abgeordneten Mario Mieruch (ehemals AfD) sind uns nicht bekannt, wahrscheinlich laufen sie den Zielen unserer Parteien zuwider. Der Vorgang illustriert aber das Problem.
Damit wir mit dieser Liste an der Bundestagswahl teilnehmen können benötigen wir 2000 Unterstützer-Unterschriften die mit einem Formular eingereicht werden müssen.
Normalerweise würden wir jetzt mit der Unterschriftensammlung auf der Straße beginnen, leider macht uns da aber Corona mit den Kontaktbeschränkungen einen Strich durch die Rechnung. Sobald es wieder möglich ist, seht ihr uns wieder auf den Straßen, versprochen.
Bis dahin bleibt uns nur übrig euch zu bitten das verlinkte Formular auszudrucken, auszufüllen und per Post an uns zu schicken. Einzige Bedingungen sind: ihr seid in Sachsen wohnhaft (mit Erstwohnsitz), wahlberechtigt und habt noch keine Unterstützerunterschrift für eine andere Partei geleistet. Alle weiteren Angaben findet ihr auf dem Formblatt.
Wenn ihr uns auf dem Wahlzettel sehen wollt, dann freuen wir uns über eure Unterstützung.
Die Direktkandidaten für Dresden und Leipzig werden aufgestellt, sobald die Aufstellungsversammlungen wieder durchgeführt werden können.
Vielen Dank für eure Unterstützung
Thomas Köhler Stadtrat für die Piratenpartei in Leipzig
P.S. Nicht nur die Piraten Sachsen brauchen Hilfe. Wenn ihr in einem anderen Bundesland wohnt findet ihr den zuständigen Landesverband hier.
Selbstverständlich war die „Querdenken-Demonstration“ am 11. 11. das dominierende Thema zu Beginn derr Stadtratssitzung. Da ich momentan, durch die Corona-bedingte vom Gesundheitsamt angewiesene Absonderung von Sven Morlok, als Fraktionsvorsitzender bei der Ratsversammlung amtiere hielt ich die Redebeiträge zum Thema. Durch den eingangs beschlossenen Geschäftsordnungsantrag wurde die Redezeit für die Fraktionen von 5 auf 2 mal 3 Minuten geändert, wodurch ich meinen vorbereiteten Redebeitrag, am Pult stehend, modifizieren musste. Der zweite Redebeitrag war „aus dem Bauch heraus“, auf Grund der vorhergehenden Beiträge von CDU und AfD. Daraus resultieren die Stockungen während der Rede. Der nachfolgende Text ist analog dem vorgetragenen. Der Link beim Stream führt zur LIZ-Seite, dort findet ihr die Aufzeichnung.
Zu Beginn möchte, nein muss, ich betonen, dass die Fraktion Freibeuter – also sowohl die FDP als auch die Piratenpartei – die Meinungsfreiheit und das Versammlungsrecht als essentielle Rechte in unserer Demokratie betrachten. Auch wenn es uns mitunter wünschenswert erscheint, so ist es doch richtig, dass die Hürden für ein Demonstrationsverbot extrem hoch angelegt sind.
Wir stehen zur Versammlungsfreiheit wie auch zur Meinungsfreiheit – die es allen BürgerInnen erlaubt die eigene Meinung frei zu äußern.
Oft gefällt uns diese Freiheit nicht, eine Demokratie muss damit leben und sich gegen Exzesse aller Seiten wehren können.
Kommen wir nun zum Samstag, dem 07. 11. 2020.
Die Verlegung der geplanten Demonstration der Querdenken-Bewegung auf das Gelände der neuen Messe, schränkte die Demonstrationsfreiheit, unserer Meinung nach, in keiner Weise unzumutbar ein, war aber dazu geeignet im Sinne der Sächsischen Corona-Schutzverordnung Gefahren für Leben und körperliche Unversehrtheit der Leipziger BürgerInnen zu verhindern.
Welche Gründe das Oberverwaltungsgericht Bautzen zu dem Beschluss führten diese doch auf dem Augustusplatz zu genehmigen ist hier nicht mein Thema. Es erheben sich natürlich Fragen zu den Angaben zum Demonstrationsort und besonders zum letzten Satz in der vorgestrigen Medienmitteilung der da lautet:
Damit (also mit einer unkontrollierten Situation in der Innenstadt T.K.) sei jedoch bei der von der Stadt Leipzig verfügten Verlegung der Versammlung zur Neuen Messe zu rechnen gewesen, da der Antragsteller bereits angekündigt habe, seine Versammlung dort nicht durchzuführen.
Das bedeutet für mich, das ist keine Ankündigung – das ist eine Androhung „Wir gehen sowieso nicht dorthin, wir gehen in die Innenstadt, ob ihr uns lasst oder nicht!“
Das ist aber mehr ein Fall für Juristen, davon haben wir ja genug.
Adressieren wir nun die Verantwortlichkeit für die Eskalation am 7.11..
„Polizei, die nicht in der Lage ist, Auflagen durchzusetzen. Die Angriffe auf Journalisten nicht unterbinden kann. Die einen verbotenen Marsch gewähren lassen muss, weil sie personell das Recht nicht durchsetzen kann. Das ist klassisches Führungsversagen bei der Polizei und im Innenministerium. Und zwar wiederholt. Dass dann Wasserwerfer abends in Connewitz zum Einsatz kamen, nicht aber am Nachmittag zur Verhinderung der Rechtsbrüche, ist die Krönung des Versagens im Amt“
Es ist erschreckend, dass die schlecht vorbereitete Einsatzleitung erst nach Stunden die Versammlung, auf Grund der massenhaften Verstöße gegen die Auflagen als beendet erklärte.
Was darauf folgte und noch läuft – als ich das schrieb lief die Demo noch – ist nur mit katastrophal zu bezeichnen. Gegendemonstranten werden von der Polizei eingekesselt während die Polizeiabsperrung, dadurch geschwächt, von den Demonstranten überrannt wird und Hooligans, Nazis und andere Corona-Leugner über den Leipziger Innenstadtring ziehen. Journalisten und Gegendemonstranten wurden angegriffen, auch die Polizei selbst wurde attackiert. In einer Stadt in der bei linken Demos massive Polizeieinsätze mit schwerem Gerät die Regel sind, kann den BürgerInnen, die sich in der Pandemie vorbildlich verhielten, nur schwer erklärt werden warum der Corona-Leugner-Wanderzirkus gepaart mit Rechtsradikalen nicht ebenso im Zaum gehalten werden kann.
Natürlich darf man hier die Verantwortung nicht an „die Polizei“ adressieren, [hier erfolgte die erste Mahnung zur Redezeit] die Verantwortung liegt nicht bei „der Polizei“, sie liegt bei der Polizeiführung – sie liegt bei der Führung die diesen Einsatz zu verantworten hat.
Wenn ich hier lese: An erster Stelle habe die Absicherung der Versammlung gestanden, an zweiter Stelle die Verhinderung von Gewalt und an dritter Stelle der Infektionsschutz. Dann frage ich mich, gehört zur Absicherung der Versammlung auch die Durchsetzung der Auflagen? Warum trennt man hier die Auflagen der Versammlung vom Infektionsschutz, im konkreten Fall geht es hier um dasselbe.
Ich frage hier nicht erneut zu der Gefahrenprognose der Polizei vom 5.11. – diese Fragen wurden bereits gestellt.
[hier erfolgte die zweite Mahnung zur Redezeit]
Die Verantwortlichen haben, das tut nicht nur mir als Leipziger weh, zudem für verstörende Bilder gesorgt. Sie haben dafür gesorgt, dass am Abend des 7. November Menschen über den Leipziger Ring zogen und das Erbe der Montags-Demonstranten konterkarierten.
Ich bin erschüttert, einmal über die Auslegung der Corona-Inzidenz durch den Kollegen (hier war der CDU-Sprecher gemeint) und zum anderen auch über das Statement von Herrn Kriegel (AfD) zu den 89ern, ich meine ich war auch dabei. Dort standen Frieden und Freiheit liebende Menschen, die sich selbstorganisiert verantwortungsvoll verhalten haben gegen eine Polizeipräsenz und die Präsenz unter anderem der „Kampfgruppen der Arbeiterklasse“, die beim ersten Anzeichen von Gewalt losgeschlagen hätte. Ich bitte darum hier weder die Ziele, noch die Art der Demonstration mit denen der 89er hier zu vermischen.
Was mich noch interessiert: Wie kommt eigentlich das erste Statement unseres Polizeipräsidenten in dem von einem „weitestgehend friedlichen Verlauf“ und von „circa 30 Straftaten am Rande der Demonstration – vorwiegend Sachbeschädigungen“ zu hören war. Wie kommt so etwas zustande? Auch die Äußerungen, ob nun vom Ministerpräsidenten oder vom Innenminister, die auch von einem „weitgehend erfolgreichen Polizeieinsatz“ sprechen und von einem „weitgehend friedlichen Verlauf“ – davon war für mich nichts zu sehen.