Ich bin in den 1960er/1970er Jahren, ohne es zu wissen, im „ganz normalen Antisemitismus“ aufgewachsen.
Familiär durch den Katholizismus meiner Großeltern, für die die Juden Gottesmörder waren und überhaupt hatten diese den wahren Messias abgelehnt. Der Holocaust wurde in dem Zusammenhang nicht thematisiert.
In der real sozialistischen Gesellschaft waren Juden entweder Opfer des Nationalsozialismus oder, als Staat Israel, Feinde der sozialistischen Staaten.
Ich kannte nur diese beiden Seiten – einen jüdischen Menschen kannte ich nicht.
Das heißt, ich kannte mindestens einen allerdings ohne zu wissen, dass er Jude war. Das erfuhr ich erst später.
Warum schreibe ich das?
Bei einer Veranstaltung kam die Frage auf:
„Wie kommt es, dass der Antisemitismus überlebt hat?“
Es sind die Stereotype die überlebt haben.
Ob nun „Gottesmörder“, obwohl sich die Hochkirchen davon gelöst haben, oder die „jüdischen Banker“, also die Oppenheimer usw die in Antikapitalismus Debatten, auch bei der Occupy-Bewegung, auftauchen, oder in Gleichstellungsdebatten wenn die Bracha des Mannes „Danke dass Du mich nicht zur Frau gemacht hast“ zitiert wird, die Liste der Stereotype ließe sich fortsetzen.
Für mich ist die Gefahr des Antisemitismus am größten, wenn über den „Juden“ als Stereotyp gesprochen oder geschrieben wird und nicht über „jüdische Menschen“ – mit der Betonung auf Menschen.
Es war ein Lernprozess mich von dem Stereotyp zu lösen. Das ist lange her und hängt unmittelbar mit dem Kennenlernen jüdischer Menschen zusammen.
Mein Fazit ist:
Das Repetieren der Stereotype über den „Juden“ ist leider noch nicht beendet. Es steckt in vielen Ecken und kommt immer wieder heraus – Es macht den Antisemitismus, brutal gesagt, einfach und normal.
So lange wir das dulden ist der Antisemitismus weiter unter uns.
Bei der ersten Behandlung in der Dezember-Ratsversammlung 2021 wurde die Behandlung, auf Bitten der Verwaltung, auf die Januar-Ratsversammlung verschoben. Die Verwaltung wollte sich zum Antrag neu positionieren.
Das hat sie auch getan, der neue Verwaltungsstandpunkt lehnt aber das Begehren des Antrags ab, mit der Begründung der Rechtswidrigkeit. Die Begründung ist aber, unserer Meinung und auch mit juristischer Beratung nach, nicht für den Inhalt des Antrages zutreffend, was ich auch in der Ratsversammlung ausführte.
Nun hat sich die SPD-Fraktion den Verwaltungsstandpunkt zu eigen gemacht und ihn abstimmen lassen, CDU und AfD waren von vornherein gegen den Antrag.
Dem Verwaltungsstandpunkt wurde mit 26 Ja, 18 Nein und 20 Enthaltungen zugestimmt.
So ist das in einer Demokratie, kann man meckern oder nicht.
Ich möchte an dieser Stelle nur auf die Konsequenzen der Enthaltungen, darunter die gesamte Fraktion Bündnis90/Die Grünen, eingehen. Diese sind eben keine Positionierung, weder für noch gegen unseren Antrag. Sie gehen, wie aus einigen späteren Gesprächen hervorging, auf die Meinung zurück, dass im Sommer das Transparenzgesetz für Sachsen in Kraft treten wird, was ja die Intention des Verwaltungsstandpunktes ist.
Wenn es nicht in Kraft tritt, dann haben die sich Enthaltenden allerdings zugestimmt, dass jeder zukünftige Versuch einer, wie von uns beantragten Transparenzoffensive, scheitert. Der Stadtrat hat diese ja für rechtswidrig erklärt.
Hier noch der Text meines Redebeitrags, wie immer Abweichungen beim mündlichen Vortrag sind möglich.
Ja, unsere von der Verwaltung kolportierte Meinung ist: „dass ein ungeschriebenes allgemeines Recht auf Informationsfreiheit auch in Weisungsangelegenheiten besteht“ zu verstehen. Es besteht nämlich wirklich, sofern es nicht durch gesetzliche Regelungen beschränkt wird. Dankenwertersweise verweist die Verwaltung hier auf ein höchstrichterliches Urteil, welches uns in dieser Auffassung bestärkt. An dieser Stelle möchte ich darauf verweisen, dass Zitate, außerhalb eines Kontextes, immer kritisch zu sehen sind. Im zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts heißt es: Ein Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle folgt weder aus der Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG noch aus der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Das bedeutet, der Zugang zur Informationsquelle ist gesetzlich eingeschränkt und muss eröffnet werden. Weiter heißt es: Der gesetzliche Ausschluss von Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen in Gerichtsverhandlungen durch § 169 Satz 2 GVG ist verfassungsgemäß. Die Verwaltung referenziert beide Urteile um ihren Standpunkt – die Ablehnung unseres Antrages – zu untermauern, obwohl in beiden nur geurteilt wird, dass – allerdings für die konkreten Fälle – der Art. 5 (1) des GG gesetzlich eingeschränkt ist. In einem Fall durch das Gerichts-Verfassungs-Gesetz, im zweiten zitierten Fall durch die Strafprozessordnung. Damit ist die Rechtsauffassung der Verwaltung zumindest fragwürdig. Die allgemeine Einschränkung der Informationsweitergabe bei Weisungsaufgaben der Gemeinde bleibt die Verwaltung uns aber für die Weisungsaufgaben schuldig. Ich spoilere mal: Es gibt keine gesetzliche Regelung. Ich komme jetzt zum Thema Versagungsgründe, diese sind durch Gesetze – z.b. Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen – und Verordnungen – z.B. DSGVO – kodifiziert, die Verwaltung muss sie nicht erfinden. Ich möchte zusammenfassen: Soweit ein verfassungsunmittelbarer Anspruch nicht besteht, kann und darf er im Bereich der (landesrechtlichen) Weisungsaufgaben nicht durch einen kommunalen Rechtsakt, also Regelung durch die Satzung, begründet werden. Insofern ist dem Verwaltungsstandpunkt zuzustimmen. Unser Beschlussvorschlag zielt jedoch gerade darauf ab, keinen persönlichen Anspruch eines Bürgers gegen die Stadt Leipzig auf Auskunft zu begründen, der im Zweifel auch eingeklagt und gerichtlich durchgesetzt werden könnte, sondern im Gegenteil verwaltungsintern die Verwaltung anzuweisen, alle Informationen auf Anfrage von Bürgern nach Prüfung freizugeben, ohne dass damit ein klagbarer Anspruch entstehen würde. Es handelt sich insofern um eine Art Transparenzoffensive der Verwaltung, die aufgrund rein verwaltungsinterner Anweisung alle relevanten Informationen auf Anfrage zur Verfügung stellen soll, die nicht einer Geheimhaltung unterliegen, ohne dass ein klagbarer Anspruch des Bürgers darauf begründet werden soll (das geht bekanntlich nicht). Indem der Verwaltungsstandpunkt allein auf den Anspruch abstellt – der gar nicht begründet werden soll – geht der Verwaltungsstandpunkt haarscharf am eigentlichen Ziel des Antrages vorbei. Kurz zum Punkt 2 des Antrages und dem neuen Bedenken der Verwaltung: Zum Thema Geheimnisschutz habe ich bereits ausgeführt. Der neue Punkt ist: „Der Beschlussvorschlag zu Nr. 2 unterstellt stillschweigend und nach Dafürhalten der Verwaltung zu Unrecht, dass jeder Antragsteller mit der Veröffentlichung seines Antrags einverstanden wäre.“ Dies ist eine Frage der Durchführung, hier kann bei einer Anfrage nachgefragt werden ob der Antragsteller einverstanden ist. Ein wirklicher Hinderungsgrund ist es nicht. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag