Neujahrsempfang der Ahmadiyya Muslim Jamaat Leipzig

Ich war zum Neujahrsempfang der Ahmadiyya Muslim Jamaat Leipzig eingeladen und sollte auch ein Grußwort sprechen. Das habe ich natürlich gern getan – Aus aktuellem Anlass ging es um Frieden. Nachfolgend könnt ihr es nachlesen.

„Mein Name ist Thomas Köhler, ich bin Stadtrat der Piratenpartei, in der Fraktion Freibeuter im Stadtrat Leipzig. Ich möchte ich für die Einladung und die Möglichkeit ein Grußwort meiner Fraktion zu überbringen bedanken.

Der Gruß as salam u alaikum meiner muslimischen Freunde, mit dem auch ihr Einladungsschreiben begann, der Gruß shalom alejchem der jüdischen Freunde oder auch der rituelle katholische Gruß pax vobiscum meiner Kindheit bedeutet immer Frieden sei mit Dir.

Ich möchte nicht den falschen Anschein eigener Religiosität erwecken – der Gruß, egal in welcher Sprache, hat auch für mich als Agnostiker, wie für alle Menschen eine besondere Bedeutung. Frieden – nicht nur die Abwesenheit von Krieg – sondern auch der innere Frieden in jedem Menschen, die Abwesenheit von Neid, Hass und Gewalttätigkeit – die katholische Erwiderung des Grußes – Et cum spiritu tuo – „und mit deinem Geiste“ – so lernte ich es als Kind, drückt genau diesen Wunsch aus.

Wir in Deutschland leben seit 1945 in der Abwesenheit von Krieg, aber in einer Zeit innerer Spannungen die sich von Jahr zu Jahr – geradezu von Tag zu Tag – verschärfen. Aus Neid erwächst Hass und schließlich Gewalt. Die Fremden – ob nun nach Herkunft, Religion, Aussehen, Kleidung oder anderen Unterscheidungen, sind ein wieder erwachtes Feindbild und werden instrumentalisiert. Sie sind aber nicht Fremde – sie sind Menschen – Mitmenschen und auch manche vermeintlich religiöse Menschen bauen Neid und Hass gegen sie auf.

Erinnern wir uns lieber an die Worte die ich als Kind lernte und die für mich eine besondere Bedeutung haben, da meine Großeltern als sie nach dem Krieg nach Leipzig kamen Fremde waren. Sie sprachen ein anderes Deutsch, kleideten sich anders und waren in anderen Traditionen verhaftet. Das ließ man sie spüren. Auch für nicht religiöse Menschen sollten diese Worte wieder Bedeutung erlangen.

Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland.“ *

Die Menschlichkeit der friedlichen Begegnung und des friedlichen Zusammenlebens drückt sich weltweit auch in andern Ritualen aus: Der Bruderkuss, die Umarmung, aber überall das gemeinsame Mahl. Wenn wir uns also heute treffen, miteinander reden und speisen, dann ist das ein Ausdruck des inneren Friedens.

In diesem Sinne überbringe ich ihnen meine Grüße und die Grüße meiner Fraktion im Stadtrat Leipzig für ein gemeinsames friedliches Jahr 2020.“

Bildquelle: https://www.facebook.com/AhmadiyyaLeipzig/

Zitat: Das dritte Buch Mose (Levitikus) (3.Mose 19,33f)

Gleichstellung von Menschen aller Geschlechter

Am Mittwoch dem 22. Januar 2020 beschloss der Stadtrat Leipzig, dass die Formulierung „Gleichstellung von Mann und Frau“ bei der Überarbeitung der Hauptsatzung der Stadt Leipzig durch „Gleichstellung von Menschen aller Geschlechter“ ersetzt wird.

Das war der erste Antrag, den ich als Stadtrat der Piratenpartei in die Fraktion Freibeuter und dann mit der Fraktion in den Stadtrat eingebracht habe. Allerdings hatte ich beantragt, den § 25 Abs. 2 und 3 zu ändern: die Verwaltung hat bemerkt, dass es weiteren Regelungsbedarf gibt. Deshalb haben wir den Verwaltungsstandpunkt abstimmen lassen.

Warum war mir das wichtig?

Ich habe nach meiner Wahl in den Stadtrat die Hauptsatzung gelesen und bin über diese Formulierung gestolpert. Die Stadt Leipzig sucht als Arbeitgeber für alle offenen Stellen nach Mitarbeitern m/w/d – also männlich oder weiblich oder divers. Dadurch entsteht eine Lücke, sowohl in der Arbeit der/des Beauftragten für Gleichstellung (Hauptsatzung § 25), als auch in der des „Referat für Gleichstellung von Männern und Frauen“. Diverse, also Menschen mit anderem Geschlecht, sind von der Gleichstellung, zumindest per Definition, ausgeschlossen.

Das wird sich mit der Neufassung der Hauptsatzung nun ändern.

Es gibt in dieser Beziehung allerdings noch viel zu tun. Obwohl seit dem 18. Dezember 2018 mit dem „Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben“ die Geschlechtsbezeichnung „divers“ geltendes Recht darstellt, ist durch die Formulierung „Gleichstellung von Mann und Frau“ in Landes- und Bundesgesetzen, ja bis hin zum Grundgesetz Artikel 3 ein de facto Ausschluss von Menschen anderen Geschlechts von der Gleichstellung festgelegt. Mit der Ausnahme, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Das sollte aber selbstverständlich sein.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Erfolgreich abgelehnt – mein „autofreier Tag“

Die Überschrift klingt vielleicht etwas eigenartig, aber ich möchte hier, auf meine Art, die Genese des gestern in der Ratsversammlung beschlossenen „Autofreien Tages“ beschreiben.

Die Idee

Der Grundantrag der Fraktion „Die Linke“ war ein wenig folkloristisch, so in der Form:


„He, wir sperren mal an einem Sonntag die Innenstadt und den Innenstadtring und bauen ein paar Infostände auf.“


Gefordert wurde noch ein kostenloser ÖPNV an diesem Tag – mehr war nicht. Ich persönlich fand das unbefriedigend.

Schritt 1

Im Dialog mit meinen KollegInnen der FDP in der Fraktion Freibeuter, entstand mein erster Vorschlag.
Der beinhaltete die Verlegung auf einen Samstag – ein Stresstest für den ÖPNV – Sperrung der Innenstadt und des inneren Innenstadtringes, ÖPNV-Nutzung kostenlos oder mit Einzelticket für Zone 110 als Tagesticket, Werktagstakt der LVB an diesem Tag und einigen anderen Forderungen die letztendlich in meinem gestrigen Änderungs-Antrag stehen. An dieser Stelle stiegen die FDP-StadträtInnen aus, eine Sperrung für den Autoverkehr kam für sie nicht in Frage und es entstand der Antrag der Freibeuter-Fraktion (eigentlich der FDP-StadträtInnen) zum „autoarmen Tag“. Ich betrachte das als normal, die FDP-StadträtInnen und der Pirat müssen ja nicht übereinstimmen.

Schritt 2

Nachdem ich mit meiner Fraktion nicht weiter kam nahm ich Kontakt mit einem Kollegen der SPD-Fraktion auf. Er fand das gut und warb in seiner Fraktion für die Idee, in der allerdings noch als Termin einfach ein Samstag stand. Die Kollegen konnten sich allerdings dem Vorschlag nicht anschließen, sie erarbeiteten eine neue Variante mit der Verlegung auf 2021 und ohne richtige Forderungen – statt dessen Diskussion über die Punkte. An der Stelle stieg ich aus dem Vorhaben aus – nur Wäsche sollte man weichspülen. Immerhin stehen im SPD-Antrag die Grundgedanken meines Antrags.

Schritt 3

Ich erarbeitete die finale Fassung „Autofreier Tag an einem verkaufsoffenen Sonntag im Advent 2020“ meines (oben verlinkten) Änderungsantrags, mit meinen Maximalforderungen, und er wurde als solcher eingestellt.

Schritt 4


Die Fraktion „Die Linke“ übernahm wesentliche Punkte des SPD-Antrags in die Neufassung ihres Antrags. Dieser kam zur Abstimmung und wurde angenommen.

Fazit:

mir
Ich bin nicht ganz zufrieden, aber auch nicht unglücklich. Gute Ideen, zumindest ein Teil, finden ihren (Um)Weg, vielleicht wird mir das auch noch oft so passieren.

P.S. Mein Antrag wurde mit 2 Ja-Stimmen, einigen Enthaltungen mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.

Bild von Daniel Weihmann auf Pixabay