Soziale Erhaltungssatzungen? – Auf jeden Fall!

Geplant war an dieser Stelle ein Artikel über die Ratsversammlung vom 28.05.2020, dieser ist aber in den Artikel der LIZ eingegangen. Es geht dort um Digitalisierung des ruhenden Verkehrs (Rudi) und mein Abstimmungsverhalten zum Antrag „Jugend in der lokalen Demokratie stärken“ des Jugendparlaments. Muss ich hier nicht wiederholen nur verlinken. Also folgt der nächste Artikel über die Milieuschutzsatzungen an dieser Stelle.

In der Ratsversammlung des Stadtrates Leipzig am 10.Juni 2020 wird über die sozialen Erhaltungssatzungen für sechs Gebiete in Leipzig abgestimmt. Meine Zustimmung kann vorausgesetzt werden, auch wenn die anderen StadträtInnen der Fraktion Freibeuter wohl dagegen stimmen werden.

Auf die Argumentation für oder gegen diese Satzungen gehe ich hier nicht ein, das wurde von anderen ausführlich gemacht – es wäre also eine bloße Wiederholung.

Persönliche Gründe gibt es natürlich auch, um dafür zu sein: Ich bin selbst Mieter in einem Gebiet, welches zwar nicht zu den Satzungsgebieten gehört aber „aufgewertet“ wird – es wird also nicht das Haus, in dem ich wohne saniert oder modernisiert, sondern sein Umfeld. Noch wohne ich in einem Wohnumfeld, in dem ArbeiterInnen, RentnerInnen und andere normalverdienende Menschen die Norm sind. Durch hochwertige Sanierung bisher leerstehender Häuser oder hochwertig ausgestattete Neubauten würde aber eventuell der Zuzug von besser Verdienenden erfolgen, die dann vielleicht lieber unter ihresgleichen wohnen wollen. Oder mein Vermieter würde plötzlich feststellen, dass er mit Modernisierung der von mir gemieteten Wohnung höhere Einnahmen erzielen könnte. Wenn ich mir die, dann höhere, Miete nicht leisten könnte, dann müsste ich mir eine preisgünstigere Wohnung suchen. Wenn ich eine fände, dann wohl nicht in einer vergleichbaren Wohnlage. Abschließend möchte ich anmerken, dass ich mich da nicht als Problemfall betrachte. Die Beschreibung ist eine Illustration des Problems.

Soziale Erhaltungssatzungen sollen das weitgehend verhindern – entgegen landläufiger Meinung verhindern sie aber keine Mieterhöhungen innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten.

Ich halte die sozialen Erhaltungssatzungen für sinnvoll und werde den Vorlagen zustimmen, aber nicht ohne einige Änderungsanträge, teils mit meiner Fraktion.

Ein Beispiel für etwas, das mir als Pirat am Herzen liegt:

Es gibt für die Satzungen eine Anlage mit dem etwas bürokratisch sperrigen Namen:

Anlage 1 zu VI-DS-08248 „Genehmigungskriterien für Gebiete mit Satzungen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuchs (BauGB) in der Stadt Leipzig“

mit dem „Untertitel“:

Beschreibung des Standards für Gebiete in der Stadt Leipzig mit „Sozialer Erhaltungssatzung“ zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuches

Darin findet man unter Punkt 2.1 – „Verfahrensfreie Bauvorhaben“ unter anderem folgendes:

2.1.1. Für folgende Maßnahmen im Sinne § 59 und § 61 SächsBO zur Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungszustandes einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen wird erhaltungsrechtlich eine Genehmigung bzw. Zustimmung erteilt:

  • Antennen-, Kabelfernseh- und Gegensprechanlagen (Audio)

Ich halte, im Gegensatz zu meinen KollegInnen in der Fraktion, zwar eine Videosprechanlage nicht für notwendig, aber im ganzen Katalog ist nichts über Internetversorgung zu lesen. In den meisten Satzungsgebieten ist Kupferkabel der Standard, meist in einer Qualität die selbst mit Vectoring kaum eine vernünftige Versorgung zulässt. Glasfaserversorgung, in Form von FTTH (Fibre-to-the-Home), bedeutet im Sinne der Satzung ein Bauvorhaben analog zu Kabelfernsehen und bedarf somit, meiner Meinung nach, einer Genehmigungsfreiheit.

Deshalb wird ein Antrag sinngemäß lauten:

Abschnitt 2.1.1 wird wie folgt ergänzt:

„Hausanschlüsse und Verkabelungen für Internetversorgung einschließlich Glasfaserleitungen (FFTH) bis zur Gigabitversorgung“

Das bedeutet aber im Grunde, dass die Genehmigungskriterien erst einmal aus dem Status „Bestätigung durch den Oberbürgermeister“ in die Diskussion und Bestätigung durch den Stadtrat überführt werden müssen.

Es gibt also einiges zu tun, ich hoffe am Ende der Sitzung haben wir bestätigte soziale Erhaltungssatzungen. Ein guter Schritt für Leipzig, meine ich.

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Corona – Durchseuchung und Herdenimmunität?

Ich schrieb bereits mehrfach, dass ich keinen medizinischen Hintergrund habe, aber viele Menschen die heute Durchseuchung und Herdenimmunität fordern haben diesen auch nicht. Im Gegensatz zu manchen von denen habe ich mich aber in den 80ern, wie auch schon geschrieben, mit Fragen des Zivilschutzes (Bevölkerungsschutzes) beschäftigt. Um eine Pandemie, aus dieser Richtung, zu verstehen braucht man zwei Begriffe und ein wenig Mathematik.

Virulenz

Virulenz ist die Fähigkeit eines Krankheitserregers, eine Erkrankung hervorzurufen. Sie bestimmt den Grad der Pathogenität.“ Wen es interessiert, kann es unter dem Link nachlesen – in einfachen Worten ist es die Fähigkeit eines Erregers sich zu verbreiten und die Erkrankung hervorzurufen.

Mortalität

Mortalität bezeichnet die Anzahl der Sterbefälle in einem bestimmten Zeitraum bezogen auf die Gesamtanzahl der Individuen.“ Auch hier die einfache Erklärung: „Wie viele infizierte Menschen (in Prozent – das nennt sich dann Mortalitätsrate) sterben an der durch die Infektion mit dem Virus hervorgerufene Krankheit?“

Durchseuchung um Herdenimmunität zu erreichen

Das Problem der Durchseuchung liegt eben in der Mathematik – also im Verhältnis zwischen Virulenz und Mortalitätsrate, wobei ich den Fokus auf letztere lege.

Für die Beispiele gehe ich von 82 Millionen Einwohnern aus und einer Virulenz des Virus, welche zur Infektion von 70% der Bevölkerung führt. Von diesen erkranken 50% an COVID-19.

Der obige Ansatz und die nachfolgenden Beispielrechnungen sind natürlich Theorie und dienen nur der Veranschaulichung des Problems!

Beispiel 1
Mortalitätsrate 0,5%
Bevölkerung: 82.000.000
Infizierte: 57.400.000
Erkrankte: 28.700.000
Sterbefälle: 143.500

Beispiel 2
Mortalitätsrate 1,0%
Bevölkerung: 82.000.000
Infizierte: 57.400.000
Erkrankte: 28.700.000
Sterbefälle: 287.000

Das ist einfache Mathematik, wer will kann die Szenarien selbst nachrechnen mit wechselnden Werten. Wir kennen bisher aber weder die Virulenz noch die Mortalität genau. Empirische Daten aus verschiedenen Ländern sind ungenau, da diese sich nach Gesundheitssystemen und auch dem durchschnittlichen Alters- und Gesundheitszustand der Bevölkerung unterscheiden.

Fangfragen:

  1. Wie viele Menschen wollen wir opfern um Herdenimmunität zu erreichen?
  2. Ist ein Infizierter der Antikörper entwickelt wirklich immun?
  3. Wird das Virus im Verlauf der Pandemie, also nach Generationen, weniger virulent oder nicht?
  4. Stimmt die Festlegung der Risikogruppen, oder sind das nur die Hoch-Risikogruppen?
  5. In welchem Zeitraum läuft eine Durchseuchung ab und wie ist die Belastung für das Gesundheitssystem zu verkraften?
  6. Wie ändern sich die Zahlen in Bezug auf die Mortalität, wenn Patienten nicht mehr ausreichend medizinisch betreut werden können?

Fazit

Ich sehe die Vermeidung der Ausbreitung durch Kontaktvermeidung, Hygiene und auch Reisebeschränkungen als sinnvoll.
Auch wenn ich die konkrete Ausgestaltung derzeit durchaus kritisch sehe.
In einer Gesellschaft in der die meisten Menschen sich der Gefahren durch die Pandemie bewusst sind, sollten Zwangsmaßnahmen nicht erforderlich sein. Aber die Gesellschaft ist nicht so.

Ich lehne aber grundsätzlich dauerhaft mögliche Überwachungsmaßnahmen, wie das im Strategiepapier des Innenministerium benannte Tracking, und Gesetze die Einschränkungen der persönlichen Freiheit in nicht genau definierten Krisensituationen zulassen ab.

Wenn solche Überwachungen und Einschränkungen einmal legitimiert werden, dann werden sie zur Normalität.

Wehret den Anfängen!

Bleibt gesund und haltet Abstand.

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Erfolgreich abgelehnt – mein „autofreier Tag“

Die Überschrift klingt vielleicht etwas eigenartig, aber ich möchte hier, auf meine Art, die Genese des gestern in der Ratsversammlung beschlossenen „Autofreien Tages“ beschreiben.

Die Idee

Der Grundantrag der Fraktion „Die Linke“ war ein wenig folkloristisch, so in der Form:


„He, wir sperren mal an einem Sonntag die Innenstadt und den Innenstadtring und bauen ein paar Infostände auf.“


Gefordert wurde noch ein kostenloser ÖPNV an diesem Tag – mehr war nicht. Ich persönlich fand das unbefriedigend.

Schritt 1

Im Dialog mit meinen KollegInnen der FDP in der Fraktion Freibeuter, entstand mein erster Vorschlag.
Der beinhaltete die Verlegung auf einen Samstag – ein Stresstest für den ÖPNV – Sperrung der Innenstadt und des inneren Innenstadtringes, ÖPNV-Nutzung kostenlos oder mit Einzelticket für Zone 110 als Tagesticket, Werktagstakt der LVB an diesem Tag und einigen anderen Forderungen die letztendlich in meinem gestrigen Änderungs-Antrag stehen. An dieser Stelle stiegen die FDP-StadträtInnen aus, eine Sperrung für den Autoverkehr kam für sie nicht in Frage und es entstand der Antrag der Freibeuter-Fraktion (eigentlich der FDP-StadträtInnen) zum „autoarmen Tag“. Ich betrachte das als normal, die FDP-StadträtInnen und der Pirat müssen ja nicht übereinstimmen.

Schritt 2

Nachdem ich mit meiner Fraktion nicht weiter kam nahm ich Kontakt mit einem Kollegen der SPD-Fraktion auf. Er fand das gut und warb in seiner Fraktion für die Idee, in der allerdings noch als Termin einfach ein Samstag stand. Die Kollegen konnten sich allerdings dem Vorschlag nicht anschließen, sie erarbeiteten eine neue Variante mit der Verlegung auf 2021 und ohne richtige Forderungen – statt dessen Diskussion über die Punkte. An der Stelle stieg ich aus dem Vorhaben aus – nur Wäsche sollte man weichspülen. Immerhin stehen im SPD-Antrag die Grundgedanken meines Antrags.

Schritt 3

Ich erarbeitete die finale Fassung „Autofreier Tag an einem verkaufsoffenen Sonntag im Advent 2020“ meines (oben verlinkten) Änderungsantrags, mit meinen Maximalforderungen, und er wurde als solcher eingestellt.

Schritt 4


Die Fraktion „Die Linke“ übernahm wesentliche Punkte des SPD-Antrags in die Neufassung ihres Antrags. Dieser kam zur Abstimmung und wurde angenommen.

Fazit:

mir
Ich bin nicht ganz zufrieden, aber auch nicht unglücklich. Gute Ideen, zumindest ein Teil, finden ihren (Um)Weg, vielleicht wird mir das auch noch oft so passieren.

P.S. Mein Antrag wurde mit 2 Ja-Stimmen, einigen Enthaltungen mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.

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