Wenn Leipziger Einwohnerinnen und Einwohner wissen wollen was im Rathaus „behind the walls“ vor sich geht, warum welche Entscheidung getroffen oder warum eben keine Entscheidung getroffen wurde, dafür gibt’s eine Informationsfreiheitssatzung.
Diese soll den Einwohnerinnen und Einwohnern den Zugang zu Informationen ermögliche. Alles gut also?
Wir, das heißt ich der Pirat und mit mir die gesamte Fraktion Freibeuter, meinen das reicht nicht.
Warum eigentlich nicht? Diese Satzung regelt nicht den Zugang zu Informationen zum Verwaltungshandeln bei der Erfüllung von Weisungsaufgaben der Kommune. Diese sind Aufgaben für die per Gesetz geregelt ist wie sie zu erfüllen sind. Zum Beispiel sind das Aufgaben des Denkmalschutzes, der Bauaufsicht und der Ortspolizeibehörde. Eine gute Übersicht zur Unterscheidung der Aufgaben findet ihr in diesem Artikel.
Leider ist auch gesetzlich geregelt, dass die Kommune keine, diese Weisungsaufgaben betreffenden, Satzungen erlassen darf – nicht einmal eine die den Zugang zu Informationen zum Verwaltungshandeln regelt.
Soweit, so schlecht wir Freibeuter stellten erst einmal einen Antrag auf Erweiterung der Informationsfreiheitssatzung. Selbstverständlich war uns die rechtliche Problematik klar, die Stadtverwaltung sollte sich aber erst einmal zu dem Thema positionieren. Es wäre ja möglich gewesen, dass sie den Transparenzgedanken aufnimmt und vorschlägt wie man eine rechtskonforme Lösung findet.
Wie befürchtet gab es nur eine lange juristische Begründung der Ablehnung im Verwaltungsstandpunkt.
Kurz und gut, wir schrieben also eine rechtskonforme Neufassung, mit dem Titel „Informationspolitik der Stadt Leipzig verbessern“ und diese sollte auf der Ratsversammlung am 08.12.2021 zur Abstimmung kommen. (Redebeitrag zur Begründung unter dem Artikel).
Nach meinem Redebeitrag trat Bürgermeister Hörning ans Pult und lehnte auch die Neufassung ab. Er vermutete, dass es rechtliche Bedenken gäbe. Außerdem fand er es nicht gut, dass wir in kurzer Zeit zwei Neufassungen gemacht hätten – die zweite war eine Änderung der Überschrift.
Ich drücke mich mal vorsichtig aus, er brachte keine wirkliche Begründung für seine rechtlichen Bedenken. Am Ende bat er geradezu darum, dass ein Mitglied der Ratsversammlung einen Antrag auf Vertagung des Punktes stellen möge, damit die Verwaltung sich neu positionieren könne.
Den Gefallen tat ihm eine CDU-Stadträtin und eine Mehrheit der Ratsversammlung stimmte dem zu. Somit ist die Abstimmung auf Januar vertagt.
Wir dürfen also gespannt bleiben.
Jetzt der Text des Redebeitrages:
Vor über 2000 Jahren beschrieb Marcus Tullius Cicero die Republik – abgeleitet von res publica, also öffentliche Angelegenheit – mit den Worten „ Res publica – res populi“ – zu Deutsch „öffentliche Sache – Sache des Volkes“.
Nun leben wir in einer Republik und sind gerade heute dabei die Bürgerbeteiligung zu forcieren, aber oft behalten Regierung und Verwaltung den, oft als desinteressiert gescholtenen Bürgerinnen und Bürgern, Informationen vor.
Nur so lässt es sich erklären, dass wir überhaupt Informationsfreiheitsgesetze und -satzungen benötigen um den Zugang zu Informationen zu regeln.
Es gibt sogar den gesetzlich legitimen Trick, dass eine Kommune Informationszugang zu Weisungsaufgaben nicht per Satzung regeln darf.
Was sind nun diese Weisungsaufgaben und was ist eventuell als kritisch zu betrachten, wenn Bürgerinnen und Bürger Informationen zu Verwaltungshandeln in deren Rahmen bekommen.
„Weisungsaufgaben sind Pflichtaufgaben, an die ein Weisungsrecht des Staates gekoppelt ist.“
Das heißt, die Kommune darf nicht entscheiden ob und wie sie diese Aufgaben erledigt – es muss ein Gesetz vorliegen.
Weisungsaufgaben in Sachsen sind: Denkmalschutz, Bauaufsicht, Ortspolizeibehörde, Pass- und Personenstandsangelegenheiten und Meldewesen und Statistik.
Informationen zum Verwaltungshandeln sind hier nicht automatisch als geheim einzustufen, das behauptet selbst die Verwaltung nicht.
Ich möchte hier auf den von der Verwaltung benannten „Historischen Referenzpunkt“ eingehen, wenn auch etwas anders.
Die Veröffentlichung der Arbeitsanweisungen hätte voraussichtlich dazu geführt, dass die urban legend „Das Ordnungsamt weist seine Bediensteten an nicht gegen Falschparker vorzugehen“ ins Reich der Sagen verwiesen worden wäre. Da ich nur als Mitglied eines nicht öffentlichen Ausschusses Einsicht nehmen konnte, belasse ich es im Sinne der Vertraulichkeit dabei.
Ich muss an diese Stelle zu Punkt 2 unseres Antrages springen, die Ausführungen betreffen aber auch Punkt 1.
Die Verwaltung, also das Rechtsamt, hat hier ein Konstrukt erarbeitet welches seltsam ist.Die Veröffentlichung der Anfragen der Bürgerinnen und Bürger und der Antworten ist nicht in dieser globalen Form möglich, da personenbezogene Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse angefragt werden. Das ist die Kurzform.
Allerdings ist weiter unten ein Beispiel aufgeführt mit der Anmerkung, dass der Antragsteller Daten begehrte „die weder dem Antragsteller noch der Allgemeinheit zur Kenntnis gegeben werden durften und dürfen.“
Im Kontext heißt das: Die Antwort wurde nicht gegeben – was steht also der Veröffentlichung im Wege?
In unserem Antrag gehen wir ja auch davon aus, dass beim Vorliegen von Versagungsgründen selbstverständlich eine Ablehnung erfolgen kann. Die für freiwillige und Pflichtaufgaben möglichen Versagungsgründe bleiben auch hier bestehen.
Kernpunkt des Antrages ist es, dass der Sachstand „Es ist eine Weisungsaufgabe“ nicht die Begründung einer Verweigerung des Zugangs zu Informationen sein soll.
Konkret zu Punkt 2:
Zum Thema „Es wird zu viel Arbeit für die Verwaltung“ – nach IFS wurden in den letzten 3 Jahren ca 50 Anträge gestellt, von denen ein Drittel abgelehnt wurde. Die Anzahl sollte also keine Überlastung rechtfertigen.
Zum Prüfaufwand – also „Was können wir veröffentlichen?“. Es werden ja jetzt schon keine personenbezogenen Daten, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse an Antragsteller weitergegeben.
Zum Thema „Es ist eine sachsenweite Plattform geplant, es gibt da einen Referentenentwurf“ – hier möchte ich Bürgermeister Hörning, auf der Ratsversammlung vom 21.07.2021 betreffs einer Anfrage zitieren:
„Insofern ist es wahrscheinlich etwas weit gegriffen, auf Grund des vorliegenden Referentenentwurfs, von einer bereits geplanten gesetzlichen Änderung zu sprechen.“
In welcher Form die Veröffentlichung erfolgen sollte, überlassen wir natürlich der Verwaltung. Es wäre durchaus denkbar, dass diese Fragen und Antworten monatlich unter einem Unterpunkt zu „Bürgeranfragen“ im Allris eingestellt werden könnten. Das ist aber nur eine mögliche Variante.
Wir sehen also für die Neufassung unseres Antrages keine rechtlichen Hürden – Ich bitte Sie um Zustimmung.
Wie immer, kann der mündliche Vortrag von der Vorlage abweichen.
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