Ich bin wütend und der Diskussion müde – bei Twitter hieß das „mütend“. Aus allen Richtungen kommen Aufforderungen an den Staat oder die Kommunen, doch endlich Impfanreize für Ungeimpfte zu setzen.
Mit der Bratwurst in Thüringen fing es an, das konnte ich noch als Joke akzeptieren. Also wie früher beim Blutspenden in der DDR – da bekam ich immer einen Imbiss mit einer Banane.
Der Spaß hört aber auf, wenn ein Dietmar Bartsch von den Linken Einkaufsgutscheine für die Innenstädte fordert. Nicht nur weil er wieder mal nur das städtische Klientel im Blick hat. Merke: Dörfer haben keine Innenstädte und der Weg zur nächsten solchen ist machmal weit.
Heute nun die „BILD“ mit dem Aufmacher „Warum kriegt der Staat DAS nicht auf die Reihe?“.
Ich will jetzt das Umfrageergebnis nicht hinterfragen, allerdings sehe ich schwarz für unsere Zukunft.
Betrachten wir die „Impfverweigerer“ doch mal als gebildete und ehrenwerte Menschen (also entsprechend ihrer Selbstdarstellung), dann haben die ja echte Gründe sich und ihre Kinder nicht impfen zu lassen. Die ließen sich dann auch nicht mit einem Einkaufsgutschein kaufen, oder doch? Wenn doch, dann sind sie ja weder gebildet noch ehrenwert.
Es mag sein, dass wir mit diesen Angeboten zögerliche Menschen erreichen und vielleicht doch eine Impfquote erreichen, die einer Durchimpfung (ich vermeide aus Gründen das Unwort Herdenimmunität) entspricht.
Aber was dann?
Ab dem nächstem Jahr 50 Euro für jede Impfung im Kindesalter, einen Bonus für ein ausgefülltes Kinder-Untersuchungsheft, ein Goodie bei jeder Vorsorgeuntersuchung oder am Besten die Digitale Gesundheitskarte als Rabattkarte im Supermarkt?
Ich denke mal, mit dieser ganzen Diskussion um Vorteile haben wir den Kampf um mündige, gebildete, denkende und selbstverantwortliche BürgerInnen verloren.
Wenn der Staat sich die „Volksgesundheit“ bei den BürgerInnen erkaufen muss, statt die Einsicht durch Kommunikation zu schaffen, ist es meiner Meinung nach zu spät. Dann können wir dem Virus seinen Lauf lassen.
Dann haben wir es so gewollt, wir mündigen BürgerInnen.