„Und man siehet die im Lichte…“ Stadtrat Leipzig 08.12.2021

Liebe Menschen der anderen Geschlechtsidentitäten die immer nur „mit gemeint“ sind,

am gestrigen Tag stand im Stadtrat Leipzig die „Fachförderrichtlinie für Chancengleichheit von Frau und Mann“ zur Abstimmung. Was hat das nun mit der Artikelüberschrift zu tun?

Ein Zitat von Bertold Brecht, aus der Dreigroschenoper, lautet:

Denn die einen sind im Dunkeln
und die andern sind im Licht
und man siehet die im Lichte
die im Dunkeln sieht man nicht.

So betrachte ich es als eine meiner Aufgaben im Stadtrat, Menschen die sich bei „Meine Damen und Herren“ oder „Frauen und Männer“ nicht angesprochen fühlen, ins Licht also die Sichtbarkeit zu holen.

Die Fraktion Freibeuter reichte, auf meine Initiative, im Herbst 2019 den Antrag „Gleichstellung von Menschen aller Geschlechter“ ein, der am 22.01.2020 mit Mehrheit vom Stadtrat beschlossen wurde.

Jetzt kam die oben genannte Vorlage, die zwar mit „Frau und Mann“ tituliert ist, aber inhaltlich von „geschlechtlicher Vielfalt“ spricht.

Es war also geradezu zwingend, dass ich die Initiative ergriff und einen Änderungsantrag entwarf, dem neben der gesamten Fraktion Freibeuter auch Beate Ehms (Die Linke) und Thomas (Kuno) Kumbernuß (Die PARTEI) anschlossen.

Zu unserer Enttäuschung wurde dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt. Die Begründung erscheint mir, im Zusammenhang mit dem Beschluss vom Januar 2020, geradezu absurd. In Kurzfassung war diese, in der Rede von Bürgermeister Fabian vorgetragen, dass durch „alle Geschlechter“ die Frau aus dem Fokus der Aufmerksamkeit herausfällt. Frauen machen ja schließlich ca 50% der Bevölkerung aus. Ergo: Ihr seid nur eine kleine Minderheit.

Bei der Abstimmung stimmten viele Stadträtinnen und Stadträte dieser Argumentation zu, die im Januar 2020 dem anderen, die Hauptsatzung betreffenden, Antrag zugestimmt hatten.

Der Beschluss von Januar 2020 ist noch nicht umgesetzt, die Novellierung der Hauptsatzung steht noch aus. Der gestrige Beschluss lässt mich befürchten, dass der erste Beschluss auch nicht im Wortlaut umgesetzt wird.

Leider werdet ihr also weiter ein Schattendasein führen müssen.

Hier der Text meiner Rede.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Menschen die ihr nur mit gemeint seid,
Am 22.01.2020 beschloss der Stadtrat, mit überwiegender Mehrheit, folgenden Text:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Zuge der Erarbeitung eines Entwurfs der neuen Hauptsatzung, die Formulierung „Gleichstellung von Mann und Frau“ in § 25 Abs. 2 und 3 durch „Gleichstellung von Menschen aller Geschlechter“ zu ersetzen.
Nun ist die Hauptsatzung noch immer in der Überarbeitung – es wird sich wohl noch ziehen – und lt. dem bisherigen Vorschlag hat die Verwaltung auch das Wort „ersetzen“ kreativ ausgelegt.
Kurzum, wir haben uns vor fast 2 Jahren zu dieser Formulierung entschlossen.
Die geradezu verschämt daher kommenden Formulierungen „gegen geschlechterbezogene Benachteiligung“ und „die Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“ erachten wir für unzureichend, da hier einerseits wieder dieses „Die Anderen sind mitgemeint“ ausgedrückt wird.
Anderseits wird durch die Formulierung „Mann und Frau“ im Zusammenhang mit „geschlechtlicher Vielfalt“ eine rein duale Geschlechterrolle, keine Vielfalt, beschrieben und festgelegt.
Der Vorschlag der Verwaltung gleicht einer Rolle rückwärts.
Deshalb beantragen wir auch für diese Vorlage, die Formulierung „Menschen aller Geschlechter“ zu verwenden. Nach meinem Gespräch mit Bürgermeister Fabian bin ich aber auch offen für Vorschläge, die unsere Intention in den Titel aufnehmen.
Ich bitte um Zustimmung zum Änderungsantrag.*

* Der mündliche Vortrag kann im Wortlaut Abweichungen haben.

P.S. Ich bin mir bewusst, dass das im Bild verwendete Symbol nicht die ganze Vielfalt ausdrückt. Es schien mir aber passend.

Bildquelle: Image by Gerd Altmann from Pixabay

Leipzig – Radspur auf dem Ring

Wenn der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, also Burkhard Jung, in der Ratsversammlung am 13.10.2021 sagt:

Es geht um das symbolische Ja der Stadt zur Verkehrswende. Das ist der tiefere Sinn der Entscheidung

dann müssen wir uns nicht über die Reaktionen der BILD-Presse, des ADAC und anderer Akteure wundern. Die Aussage ist einfach falsch, zur Gewährung der Verkehrssicherheit auf dem Innenstadtring bedarf es einer verkehrsrechtlichen Anordnung und keines Symbols.

Verkehrsrechtliche Anordnung

Die Herstellung einer Radspur folgt der Logik des Urteils des Urteils des sächsischen Oberverwaltungsgerichtes vom 06.09.2018. Details zu diesem Urteil erspare ich mir und den Leserinnen und Lesern, ich bin kein Jurist und die Urteilsbegründung ist komplex.

Festzustellen ist aber, dass es nach diesem Urteil zulässig ist auf dem Abschnitt des Innenstadtrings, zwischen Rathaus und Runder Ecke (wie BILD am 15.10.201 ihn beschrieb), die Fahrbahn mit dem Fahrrad zu nutzen und die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht – also auch einer Pflicht der Nutzung der Fahrradstraße im Bereich der Innenstadt, bzw. eines gemeinsam genutzten Fuß- und Radweges – vom Gericht verworfen wird.

Daraus folgt, zumindest nach meinem Verständnis, die Notwendigkeit einer verkehrsrechtlichen Anordnung.

Ein Gedankenexperiment

Auf dem benannten Teilstück des Innenstadtrings fahren zum Zeitpunkt X 20 Menschen mit dem Fahrrad, auf der rechten Spur. Sie fahren natürlich nicht im Konvoi, sondern verteilt über die gesamte Strecke, bei mittlerem Verkehrsaufkommen an Pkw und Lkw. Alle auf beiden Spuren fahrenden Kraftfahrzeuge fahren (oder wollen es zumindest) mit der erlaubten Geschwindigkeit von 50 km/h.

Welche Situation ergibt sich jetzt?

Die auf der rechten Fahrspur fahrenden Kfz überholen die mit dem Fahrrad fahrenden Menschen, natürlich vorschriftsmäßig mit dem gesetzlich festgelegten Mindestabstand (StVO § 5 Abs. 4) von 1,5 Metern. Das bedeutet, sie machen bei jedem Überholvorgang einen Spurwechsel auf die linke Spur.

Fazit: Der Kfz-Verkehr bewegt sich fast ausschließlich auf der linken Spur. Die Kfz werden sich nur nach rechts einordnen, wenn ein Rechtsabbiegen in eine der Seitenstraßen beabsichtigt ist.

Wie kann man dieser Situation, also dem eventuellen ständigen Spurwechsel des Kfz-Verkehrs der ja eine Unfallgefahr darstellt, begegnen?

Varianten

Variante 1: Auf dem Teilstück des Innenstadtrings wird eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h auf dem Teilstück, mit Überholverbot auch für einspurige Fahrzeuge (StVO Anlage 2 Zeichen 277.1, lfd. Nr. 54.4) für die rechte Spur, angewiesen.

Nachteil der Variante: Es stellt kaum eine Verbesserung dar, da außer den Rechtsabbiegenden, alle auf der linken Spur fahren würden. Auch die Anzahl der Spurwechsel würde voraussichtlich nicht deutlich sinken.

Variante 2: Einrichtung eines Radstreifens auf der rechten Spur. Diese Variante erfüllt die Anforderungen der Sicherheit für den Radverkehr weitgehend.

Nachteil der Variante: An jeder Einmündung einer Seitenstraße entsteht für den Kfz- und Rad-Verkehr eine kritische Situation. Verkehrsrechtlich betrachtet muss ein rechtsabbiegendes Kfz, vor der Überquerung des Radstreifens, eventuell anhalten um den Radverkehr zu beachten, was einem Stillstand der gesamten Spur gleich kommt. Ein Abbiegen von den Seitenstraßen auf den Ring ist ebenfalls kritisch, da die Aufstellfläche hinter dem Radstreifen ist und somit eine hohe Anfahrbeschleunigung erforderlich sein kann. Das kann im laufenden Verkehr zu Konflikten führen, wenn z.B. das vorausfahrende Kfz. abrupt bremsen muss.

Schlussbetrachtung

Nach meiner Meinung sind die Varianten beide nicht perfekt. Eine verkehrsrechtliche Anordnung, nach dem OVG-Urteil, ist für diesen Bereich unbedingt erforderlich. Ich kann die Intention der Stadt für die Variante 2 nachvollziehen, es steht und fällt letztendlich mit der Vernunft der Verkehrsteilnehmer und ihrem regelkonformen Verhalten.

Es ist kein Symbol Herr Oberbürgermeister, es ist einfach notwendig.

Bild von Waid1995 auf Pixabay

Fahrscheinfreier ÖPNV

Die Piraten fordern seit Jahren den fahrscheinfreien, oder fahrscheinlosen Öffentlichen Personennahverkehr. Das Framing der Gegner, letztmalig im Stadtrat Leipzig bei der Diskussion um das 365 Euro-Ticket, ist immer Zwangsticket.

Ich vertrete diesen Ansatz seit 2014 und schrieb bereits mehrfach darüber. Auch die TAZ berichtete und bei den Piraten war es schon Thema im Stadtrat Leipzig, wie die LIZ 2016 berichtete.

Zur Bundestagswahl 2021 wirbt nun die Partei „Die Linke“ mit einem kostenlosen ÖPNV, den Unterschied erkläre ich im Video für die Piratenpartei.