Bundestagswahl – Reden wir über Arbeit

An dieser Stelle möchte ich über ein Detail reden, welches vernachlässigt wird:

Working poor durch Outsourcing.

Outsourcing von Arbeitsprozessen ist per se nichts Neues und nichts Verwerfliches. Auch der Handwerksmeister, der seine Steuererklärung vom Steuerberater machen lässt, sourct diese aus.

Wie ist es aber mit dem outsourcing von Prozessen samt Arbeitskräften?

Ein Beispiel

Ich beginne mit dem Beispiel eines großen Telekommunikationsunternehmens, ihr könnt euch aussuchen welches – egal welches ihr wählt, es passt. Natürlich könnte ich an dieser Stelle auch Banken, Versicherungen oder viele andere Branchen nennen – ich schreibe exemplarisch über das was ich am besten kenne.

Wirtschaftlich gesehen ist ein exzellenter Kundendienst ein wichtiges Argument für Verkauf und Kundenbindung. Es gibt bzw gab in den Unternehmen die entsprechenden Abteilungen und Bereiche. Da es sich hier meist um telefonische oder neuerdings virtuelle Dienstleistungen geht nennen wir diese einfach inhouse-Contact-Center. Früher hieß das Call-Center.

Der Druck auf das Unternehmen stieg, die Kunden erwarten (berechtigt) ausführliche Beratung und Kundendienst, z.B. bei Störungen, also musste der Bereich ausgebaut werden. Dumm nur, dass das Unternehmen nach Tarifvertrag bezahlt – das wird (zu) teuer.

Exzellenter Kundenservice durch Mindestlöhner? – Erstaunlich, dass es überhaupt läuft.

Eine Einfügung: Ich kann nicht berechnen ob das Unternehmenskonzept dann noch aufgehen würde, alle dieser Unternehmen sind aber Aktiengesellschaften und Aktionäre wollen Rendite. Outsourcing wird also aus Profitgründen betrieben.

Flucht aus Tarifverträgen

Zum Glück für das Unternehmen gibt es entsprechende Anbieter für Contact-Center-Dienstleistungen. Hier ist bemerkenswert, dass diese keinen Tarifvertrag haben, der Verband dieser Unternehmen ist ein Interessenverband, kein tariffähiger Arbeitgeberverband – somit kein Tarifpartner für die Gewerkschaften.

Flucht aus dem Tarifvertrag – Was machen die Gewerkschaften?

Vor der Einführung des Mindestlohnes im Jahre 2015 arbeiteten die Mitarbeiter in den outgesourcten Bereichen – bei so genannten externen Dienstleistern – zum Teil zu Löhnen, die unter jeder akzeptablen Höhe lagen. Heute arbeiten sie meist im Mindestlohnbereich oder knapp darüber, das entspricht meist dem Faktor 0,5 – 0,75 des Tarifvertrages – für die gleiche Tätigkeit bei gleicher Qualität.

So weit so schlecht, in der Zwischenzeit haben die Unternehmen aber nicht nur neue Arbeitsplätze bei den externen Dienstleistern angefordert, sie haben auch einzelne Abteilungen oder Standorte zurückgefahren oder geschlossen. Teilweise wurden dazu über Jahre keine oder nur befristete Neueinstellungen für tarifvertragliche Beschäftigte vorgenommen – in den gleichen Räumen sitzt heute der externe Dienstleister mit Beschäftigten im Mindestlohnsektor.

Arm durch Arbeit ist kein Ost-West-Problem! – Im Westen sank der Anteil der Tarifbindung, im Osten wurde er nicht geschaffen.

Fazit

Outsourcing ist zur Flucht von Unternehmen aus Tarifverträgen geworden. Sehen wir nach Großbritannien, dann sehen wir die Zukunft. Weitere Bereiche werden zu externen Dienstleistern ausgelagert. Rechnungswesen, Personalrecruiting und auch öffentliche Dienstleistungen (für die in Deutschland noch der TVÖD gilt) können outgesourct werden.

Das erhöht weiter die Anzahl von Menschen die für Mindestlohn arbeiten und führt in der Folge (nicht nur) zu Altersarmut. Die externen Dienstleister werben oft mit „Familienfreundlichkeit“, oft ist damit Teilzeit gemeint – das befördert Armut trotz Arbeit.

Noch einmal die These:

Outsourcing von Arbeitsplätzen aus tarifgebundenen Unternehmen ist Tarifflucht.

Hier besteht Handlungsbedarf in der Politik!

Die Gewerkschaften haben sich in diesen Unternehmen nicht etablieren können, aus verschiedenen Gründen, es ist also die Politik gefragt.

Die Politik schweigt dazu – bis jetzt.

Die alte Arbeiterpartei schweigt auch – es braucht neue Köpfe die das thematisieren können.

Dafür stehe ich zur Wahl.

Anmerkungen:
Der Artikel ist kein Angriff auf die externen Dienstleister und die Mitarbeiter dort, er richtet sich gegen die Tarifflucht von Unternehmen.
Der Autor (Kandidat) hat von 2011 bis 2021 als Kundenberater in verschiedenen Contact-Centern gearbeitet, war Betriebsrat und Mitglied des Gesamtbetriebsrates eines großen (international agierenden) Contact-Center-Unternehmens

Bildnachweis: Bild von 1820796 auf Pixabay (bearbeitet)

Bundestagswahl 2021

Wir müssen Barrieren abbauen, die unsere Teilhabe und unsere Freiheit beschränken und uns somit die Würde nehmen!

Wir müssen Barrikaden bauen, um Freiheit, Würde und Teilhabe zu verteidigen.

Wenn Sie dem zustimmen, dann helfen Sie uns mit Unterstützungsunterschriften. Mit diesen können die Piratenpartei Deutschland (Landesliste Sachsen) und ich Thomas Köhler als Direktkandidat für den Wahlkreis 153 / Leipzig II, an der Bundestagswahl teilnehmen.

Die Unterstützungsunterschriften sind vollständig. Deshalb wurde der nachfolgende Text durchgestrichen und die Links zu den Formularen deaktiviert.
Ich danke allen UnterstützerInnen für ihre Beteiligung.

Das Formular für die Landesliste finden Sie hier.*
Das Formular für den Direktkandidaten finden Sie hier.*
*Ich bitte Sie die Formulare beidseitig auszudrucken. Die Adresse finden Sie hier, oder auf dem Formular „Direktkandidat“.
Der späteste Abgabetermin der Unterstützungsunterschriften beim Wahlleiter ist der 16.07.2021. Die Bestätigung der Unterstützungsunterschriften (Bescheinigung des Wahlrechts) bei der Gemeindebehörde übernehme ich für Sie.
Gern schicke ich Ihnen auch die Formulare zu, schreiben Sie eine Mail mit Ihren Kontaktdaten an pirat@tom-coal.com . Ich sende Ihnen auch einen frankierten Rückumschlag mit.

Den aktuellen Flyer (Wahlkampf-Handzettel) können Sie sich hier, Vorderseite und Rückseite, anschauen.

Ich werde in Zukunft meine einzelnen Programmpunkte ausführlich erläutern.

Vielen Dank für Ihr Interesse

Thomas Köhler

Grundschule, Diversität, Maulfürze und Luftfilter

Ich wollte heute nur meinen Redebeitrag zum Thema „Luftfilter an Schulen“ hier einstellen, muss aber auf die Ratsversammlung des Stadtrates Leipzig doch etwas näher eingehen.

Grundschule Kurt-Eisner-Straße

Die Vorlage zu diesem Thema dominierte die gesamte Ratsversammlung, voraussichtlich wird sie auch die Berichterstattung dominieren, auch wenn sie erst am Schluss aufgerufen wurde.

Ich gehe hier nur kurz auf mein Abstimmungsverhalten, ja ich habe für die Vorlage gestimmt, und auf die Gründe dafür ein.
Es gefällt mir auch nicht, dass wir einen Investor beauftragen wollten und ich war mit dem angebotenen Grundstückstausch nicht glücklich.
Schauen wir uns die Alternativen an, dann überzeugen sie mich nicht, trotz vehementer Verteidigung dieser durch Linke und Grüne. Es konnte kein wirklich überzeugender Plan B präsentiert werden und es bleibt die Frage „Warum stehen auf den unbedingt für städtische Wohnbauvorhaben benötigten Grundstücken bis heute eben keine Wohnbauten?“ Es gibt bisher nicht einmal eine Interessenbekundung dies zu tun.
Ja, auch ich will Leo’s Brasserie helfen, aber im worst case geht für mich Schule vor Gastro.

Die Vorlage wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt.

Mein Abstimm-Verhalten muss nicht jedem gefallen, aber wenn ich gefallen wollte wäre ich Model geworden. Alles weitere zu dem Thema wird wohl in der Presse zu finden sein. Eine Anmerkung noch, ich würde mich ehrlich freuen, wenn der jetzt bestehende Notfallplan ohne zu große Einschränkungen für die betroffenen Kinder, Eltern und Leipziger Finanzen ausgeht.

Diversität

Genau an dem Tag, als ganz Deutschland über Regenbogenflaggen und -beleuchtungen diskutierte, wurde im Stadtrat über einen Antrag des Jugendparlamentes abgestimmt. Thema: „Hilfe für Menschen des dritten Geschlechts an Schulen“ und auch hier war die Diskussion kontrovers.
Die CDU-Fraktion stellte das „dritte Geschlecht“ als Begriff in Frage und wollte den Antrag auf biologisch intersexuelle Menschen herunterbrechen. Das kann man formal so sehen, ist aber nicht zielführend.
Die SPD-Fraktion stellte einen Änderungsantrag der den Antrag neu und formal richtig formulierte. Leider konnte dieser aus Zeitgründen nicht mit dem Jugendparlament abgestimmt werden, somit konnte sich die Einbringerin nicht wirklich dazu äußern.
Ich wollte dazu natürlich auch etwas sagen, aber vorher kam noch Herr Obser von der AfD, ich zitiere;

„Ich würde vorschlagen, wir bleiben alle was wir sind und beenden diese unsägliche Debatte. Wenn die Herrschaften diese Debatte führen wollen, dann schlage ich eins vor: Machen Sie Wahlkampf auf dem Markt, dort haben Sie ihr Publikum. Aber wie das aussieht, da können Sie dann rätseln drüber.“

Das stellte sich dann als Antrag zur Geschäftsordnung, auf Beendigung der Debatte, heraus, was nicht einmal der Oberbürgermeister so verstanden hatte und ich wurde aufgefordert die Gegenrede zu halten. Sie bestand in folgender Formulierung:

„Ich bin dagegen.“

Ich hätte gern den Beitrag in klassischer Deutscher Manier als Maulfurz bezeichnet. Da sich das nicht gehört, habe ich mich mit der Formulierung „unsachlich“ begnügt.

Das ist alles im Stream ab Minute 01:23:30 nachzuhören.

Dem Antrag wurde in der Fassung des Änderungsantrags der SPD, mit einigen Ergänzungen, zugestimmt.

Luftfilter

Ich weiß natürlich um die Brisanz des Themas „Luftfilter für Schulen“ aber ich habe meinen Redebeitrag, bis auf die Einleitung, nicht so formuliert weil der Antrag dazu von der AfD kam. Auch Anträge anderer Fraktionen hätte ich, zum jetzigen Zeitpunkt, genau so behandelt. Im Stream ist das ab Minute 01:56:00 zu hören, nachfolgend der Text – evt Abweichungen im Vortrag sind möglich.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister
Meine Damen und Herren Beigeordnete,
Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
Liebe Zuschauende und Pressevertreter.
Es ist ein kleiner Schritt bei der Bekämpfung der SARS-Covid-19 Pandemie, aber ein großer Schritt für die KollegInnen der AfD-Fraktion – der Antrag bedeutet ja schließlich de facto die Anerkennung der pandemischen Gefährdung, auch unserer Schülerinnen und Schüler durch das Virus. Meinen Dank dafür.
Trotzdem kann ich diesem Antrag nicht zustimmen, obwohl der grobe handwerkliche Fehler des Ursprungsantrags beseitigt wurde. Die ursprüngliche Aussage „Mobile Geräte könnten zu unterschiedlichen Zeiten flexibel in verschiedenen Räumen aufgestellt werden, um die Luft in möglichst allen Klassenräumen filtern zu können.“ besagte ja, dass man die Geräte nach erfolgreicher Luftreinigung in einem Zimmer in das nächste schaffen könne. Kurz gesagt, mit Verzicht auf diesen Passus steckt im Antrag jetzt wohl etwas mehr Bütow drin.
Ich hatte letztes Jahr im Spätsommer die Idee zu einem solchen Antrag, habe sie geprüft und verworfen.
Luftfiltergeräte, hier liegt die Betonung auf Geräte die eben keine fest verbauten Anlagen zur Frischluftzufuhr sind, auch wenn sie die Virenlast im Klassenzimmer verringern, schaffen ein trügerisches Gefühl der Sicherheit.
Ich möchte nicht behaupten, dass der Antrag allein auf die Abschaffung besonders der Maskenpflicht hinzielt, aber gerade diese würde als erstes dieser trügerischen Sicherheit geopfert.
Gründe warum es eben eine trügerische Sicherheit ist möchte ich nur zwei aufführen: Erstens – das ist reine Strömungsmechanik – wird nicht die gesamte Raumluft gereinigt und es verbleiben Blasen mit hoher Virenlast. Zweitens müsste es für Räume mit verschiedenen Größen und zuschnitten dann auch verschiedene Luftfiltergeräte geben.
Kritisch sehe ich aber auch den VSP, der zwar richtigerweise zum ersten Punkt ausführt, aber eben das Stoßlüften als alternativlos darstellt.
Meine Damen und Herren,
wir, der Stadtrat und die Verwaltung sitzen heute unter Coronabedingungen in einem Raum, in dem für jeden Teilnehmer ein mehrfaches des Luftvolumens und der Fläche zur Verfügung steht, als für Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer in einem Klassenzimmer – eine Lüftungsanlage gibt es außerdem. Betrachten wir das Klassenzimmer als Arbeitsplatz für die Genannten, dann komme ich zum Schluss, dass die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“, insbesondere die der „ASR A3-6 Lüftung“, dort nicht einmal als Absichtserklärung verstanden werden. Diese besagt nämlich:
„In umschlossenen Arbeitsräumen muss gesundheitlich zuträgliche Atemluft in ausreichender Menge vorhanden sein. In der Regel entspricht dies der Außenluftqualität.“
Sogar die Bundesregierung hat das festgestellt das Wirtschaftsministerium fördert den Neueinbau von stationären Frischluft-Klimaanlagen in Kindergärten und Grundschulen zu 80%.
Fragen bleiben natürlich, so „Wo nehmen wir die 20% her?“, „Wie lange dauert die Ausrüstung der Einrichtungen?“, „Wie hoch sind die Folgekosten?“ und „Warum nur Kitas und Grundschulen?“
Das ist aber die Lösung, wenn auch erst in Zukunft. Natürlich nur wenn es angepackt wird.
Bis dahin müssen, die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer leider, im Falle einer 4. Welle oder einer anderen Pandemie, weiter mit Lüften, Abstand, Masken und auch Schließungen, als ultima ratio, leben.
Hier möchte ich darauf hinweisen, dass die Pandemie in aller Deutlichkeit die Defizite bei der Digitalisierung, nicht nur, im Bildungssystem aufgezeigt hat.
Wir brauchen dringend daneben auch einen digitalen Unterricht der diesen Namen verdient. Eine Möglichkeit diesen Unterricht als einen mit digitaler Präsenz zu gestalten, mit echter Interaktion zwischen LehrerInnen und SchülerInnen. Das ist aber Inhalt eines anderen Antrages.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit